Unternehmensbesuch bei Helios: Jeder kann ein Lebensretter sein
Der erste Unternehmensbesuch des Jahres führte Oberbürgermeister Alexander Badrow ins Helios Hanseklinikum, genaugenommen in die Notfallmedizin.
Dabei interessierte ihn vor allem, inwieweit sich die aktuelle Corona-Lage auf die Arbeit am Klinikum auswirkt. Chefärztin Dr. Andrea Jung und der Ärztliche Direktor Prof. Dr. Matthias Birth zeigten dem OB die interdisziplinäre Notaufnahme. Hier wurde in Eigenregie ein komplexes Schleusensystem errichtet - mit farblich markierten Abschnitten für verschiedene Eskalationsstufen. Der Einlass in die Notaufnahme erfolgt mittels geregeltem Zugang, bei dem auch der Impfstatus erfasst wird. Jeder Patient und jede Patientin, die stationär aufgenommen werden, durchlaufen außerdem einen PCR-Test. Zur Zeit kommen die Menschen jedoch seltener wegen Corona, sondern mit Corona ins Krankenhaus, also über den sogenannten grünen Bereich. Hat jemand einen Beinbruch, muss er natürlich auf die unfallchirurgische Station, was im Fall einer positiven Testung einen erheblichen Mehraufwand in Behandlung und Pflege bedeutet.
"Das ist eine Fülle an zusätzlicher Arbeit bei gleichzeitig weniger Personal, da auch bei uns einige Kolleginnen und Kollegen in Quarantäne sind", berichtet Prof. Dr. Birth. Das Coronavirus hat auch Auswirkungen auf geplante Operationen. Wird ein Patient vor dem Eingriff positiv getestet, muss die OP womöglich bis zum Ende der Isolation verschoben werden.
Dennoch wird in der Notaufnahme wie in allen Bereichen auf höchstem fachlichen Niveau gearbeitet. So wurde das Helios Hanseklinikum vom Deutschen Rat für Wiederbelebung als sogenanntes Cardiac-Arrest-Zentrum zertifiziert. Das heißt: Von ca. 75.000 Menschen pro Jahr in Deutschland werden 40% mit Erfolg reanimiert. Danach sollten diese Patienten dringend in ein spezialisiertes, als Cardiac-Arrest-Zentrum zertifiziertes Krankenhaus. Das Helios Hanseklinikum gehört aufgrund seiner strukturellen, organisatorischen und logistischen Ausrichtung als erstes in ganz Mecklenburg-Vorpommern dazu. Kompetenz und Ausstattung spielen hier eine (über)lebenswichtige Rolle. "Ist das Gehirn 5 Minuten ohne Sauerstoff, nimmt es irreparablen Schaden. Darum kommt es sowohl bei der Übergabe der Patienten und den zu treffenden Entscheidungen als auch bei den eingeleiteten Maßnahmen und der Anschlussbehandlung vor allem auf Schnelligkeit und die Zusammenarbeit aller Fachdisziplinen an. Kleinste Fehler können größte Auswirkungen haben," erklärt Dr. Andrea Jung.
Prof. Dr. Matthias Birth ergänzt: "Bevor ein Patient überhaupt von uns versorgt werden kann, ist es bei einem Kreislaufstillstand extrem wichtig, sofort nach Absetzen des Notrufs mit der Wiederbelebung zu beginnen. Das Wichtigste ist, keine Angst zu haben. Denn im Fall der Fälle ist alles besser als Nichtstun. Auch Laien können Leben retten." In einem der beiden Schockräume konnte Oberbürgermeister Alexander Badrow direkt testen, wie es um seine Kenntnisse in Sachen Herz-Druck-Massage und Mund-zu-Mund-Beatmung steht. Sein Resümee: "Das könnte besser klappen. Und damit bin ich sicher nicht allein. Vielleicht sollten wir als Stadt zusammen mit Klinikum und Rettungsdiensten mal einen Erste-Hilfe-Tag für die Stralsunderinnen und Stralsunder organisieren. Das wäre gleichermaßen richtig und wichtig. Ich bin sehr froh, dass wir Helios hier am Standort haben - mit einer Kapazität, die fünfmal höher ist, als es für eine Stadt unserer Größe normal wäre. Ich danke der gesamten Belegschaft für ihren enormen Einsatz in der Pandemie und darüber hinaus."
David Kayser, Geschäftsführer des Helios Hanseklinikums, bestätigt das: "Wir haben etwa 1.000 Betten. Standard für eine Stadt mit 60.000 Einwohnern wären 200 Betten. Die Stralsunderinnen und Stralsunder sind mit unserem breiten Leistungsspektrum also bestens aufgehoben. Gern setzen wir uns zusammen mit der Hansestadt für das Gemeinwohl ein. Bestes Beispiel ist unsere gemeinsame Impfstation am Sund, die am 25. und 26. Februar wieder freies Impfen ohne Termin für die ganze Familie anbietet."
In die Notaufnahme am Helios Hanseklinikum kommen ca. 28.000 Patienten pro Jahr. Davon muss etwa die Hälfte stationär aufgenommen werden. Mehr als im bundesweiten Durchschnitt (33%). "Wir denken, das ist eine Mentalitätsfrage: Der Vorpommer wartet länger bis er kommt und stürmt nicht mit jedem Zipperlein die Notaufnahme", ergänzt Chefärztin Dr. Andrea Jung, "Wir hoffen aber, dass er rechtzeitig kommt, damit wir helfen und heilen können."